4. Organisationsformen
Auf Grundlage der individuellen Förderbedarfe werden zusammen mit allen Beteiligten passgenaue Perspektiven entwickelt. Diese sind dem Entwicklungsstand und den persönlichen Bedürfnissen angepasst und bedingen ein hohes Maß an Flexibilität und Durchlässigkeit der verschiedenen Angebote, um den Übergang ins Berufs- und Arbeitsleben zu unterstützen.
Der Unterricht in der Berufsvorbereitung realisiert abhängig von der gewählten Form und unter Berücksichtigung der individuellen Lebenslagen der jungen Erwachsenen folgende Ansprüche mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung:
- Berufsorientierung und -vorbereitung mit dem Ziel der Ausbildungs- bzw. Berufsreife
- Erreichen des erfolgreichen Abschlusses der Mittelschule zur Unterstützung des Ziels Ausbildungsreife
- Persönlichkeitsentwicklung sowie Stärkung lebenspraktischer Kompetenzen mit dem Ziel Bewältigung von Alltagssituationen und Entwicklung einer individuellen Anschlussperspektive.
In der folgenden Übersicht werden die verschiedenen Organisationsformen der Berufsvorbereitung dargestellt. Je nach Ausgangssituation der Schülerinnen und Schüler kann sich die Notwendigkeit ergeben, dass verschiedene berufliche Vorbereitungsmaßnahmen durchlaufen oder diese wiederholt werden.
4.1 Berufsvorbereitungsjahr (BVJ) in einem Berufsfeld
Im fachbezogenen Berufsvorbereitungsjahr entscheiden sich die Schülerinnen und Schüler für eines der 14 Berufsfelder, um sich konkret auf eine spätere Ausbildung in diesem Feld vorzubereiten.
Zielgruppe
Die Zielgruppe sind berufsschulpflichtige Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf und einer ersten beruflichen Zukunftsvorstellung, die noch keine Berufsausbildung absolvieren (können). In einem Berufsfeld konkretisieren Schülerinnen und Schüler die (Vor-)Berufswahl, gewinnen erste Einblicke in die theoretischen Inhalte und die berufliche Praxis und erwerben somit grundlegende Kenntnisse und Fertigkeiten.
Umsetzung
Die zu erwerbenden Kompetenzen sind in den Basismodulen zur beruflichen Handlungsfähigkeit des jeweiligen Berufsfelds aufgelistet. In Kombination mit den Basismodulen aus dem allgemeinbildenden Unterricht stellen sie die Grundlage für die Unterrichtsgestaltung dar. Inhaltlich wie auch methodisch sollen die Schülerinnen und Schüler auf eine Berufsausbildung und dementsprechend auf einen Unterricht in Lernfeldern vorbereitet werden (siehe 3.2 Planungs- und Strukturierungsmodelle).
4.2 BVJ mit Flexibilisierungsmöglichkeiten
Es ist zu berücksichtigen, dass Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf durch ihre individuellen Entwicklungsmöglichkeiten und Bildungsbiografien besonders geprägt sind. Diese Erfahrungen wie auch häufig erschwerte Lebenssituationen im sozioökonomischen Umfeld führen oft zu einem besonders hohen Unterstützungsbedarf im Bereich der beruflichen Orientierung und erfordern individuelle Maßnahmen im Übergangsmanagement.
Innerhalb des Berufsvorbereitungsjahrs können bei Bedarf unterschiedliche Kombinationen oder auch Schwerpunktsetzungen vorgenommen werden, um den individuellen Förderbedarfen der jungen Menschen gerecht zu werden.
4.2.1 BVJ mit kombinierten Berufsfeldern
Eine Kombination fachlich nahestehender Berufsfelder bietet die Chance, die berufliche Vorbereitung auf die regionalen Gegebenheiten abzustimmen und auf arbeitsmarktpolitische Entwicklungen reagieren zu können.
Zielgruppe
Die Zielgruppe sind Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf und einer ersten beruflichen Zukunftsvorstellung, die noch keine Berufsausbildung absolvieren (können). Sie gewinnen erste Einblicke in die theoretischen Inhalte und die berufliche Praxis verschiedener Berufsfelder, erwerben grundlegende Kenntnisse und Fertigkeiten und können somit ihre (Vor-)Berufswahl konkretisieren.
Umsetzung
Die zu erwerbenden Kompetenzen finden sich in den jeweiligen berufsfeldspezifischen Basismodulen wieder und werden entsprechend der Schwerpunktsetzung des pädagogischen Teams verknüpft und angepasst.
Beispiele für Kombinationsmöglichkeiten:
- Bau und Baunebengewerbe, wie Bau-, Holz- und Farbtechnik und Raumgestaltung
- Fahrzeug- und Metalltechnik und Recycling
- Gastronomie und Hauswirtschaft und Lebensmittelhandwerk
- Mode, Marketing und Design und Wirtschaft, Verwaltung und Lagerlogistik
4.2.2 BVJ mit individueller Schwerpunktsetzung Sprache und Beruf
Zielgruppe
Die Zielgruppe sind Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf, die aufgrund noch nicht ausreichender Sprachkenntnisse im Hinblick auf die Entwicklung von Berufswahl- und Ausbildungsreife einen hohen Unterstützungsbedarf aufweisen. Sie erwerben die notwendigen sprachlichen Voraussetzungen für eine gelingende berufliche Eingliederung bzw. passende Anschlussmaßnahmen.
Umsetzung
Die zu erwerbenden Kompetenzen finden sich in den Lernbereichen Deutsch - mit der Differenzierung Deutsch als Zweitsprache - und Berufliche Handlungsfähigkeit. Auf Grundlage einer sprachsensiblen Unterrichtsgestaltung (siehe 2.4) ermöglicht das Lehrkräfteteam Einblicke in theoretische Inhalte und die berufliche Praxis ausgewählter Berufsfelder sowie die Erweiterung der Allgemeinbildung und schulischer Kulturtechniken. Das sprachlich kommunikative Zielniveau B1 wird für den erfolgreichen Abschluss des Berufsvorbereitungsjahrs angestrebt.
Die individuelle Gewichtung zwischen dem Lernbereich Deutsch/Differenzierungsstufe Deutsch als Zweitsprache und dem Lernbereich Berufliche Handlungsfähigkeit liegt im Ermessen des Lehrkräfteteams. Zu beachten ist eine überhälftige Gewichtung des Lernbereichs Berufliche Handlungsfähigkeit, um eine gezielte Berufsvorbereitung sicherzustellen (Beispiel für eine mögliche Stundenverteilung siehe Anhang).
4.2.3 BVJ mit individueller Schwerpunktsetzung Lebensgestaltung und Beruf
Zielgruppe
Die Zielgruppe sind Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in mehreren Entwicklungsbereichen oder mit erhöhtem Unterstützungsbedarf aufgrund Art und Schwere der Behinderung sowie fehlender Berufswahlreife, die noch keine Berufsausbildung absolvieren (können).
Umsetzung
Die zu erwerbenden Kompetenzen finden sich in den Lernbereichen Lebensgestaltung - vertieft mit entsprechenden Wahlmodulen - und Berufliche Handlungsfähigkeit. Entsprechend der individuellen Ausgangslage der Schülerinnen und Schüler fördert das pädagogische Team die Entwicklung lebenspraktischer Kompetenzen sowie eines tragfähigen Selbstkonzepts in Verbindung mit beruflicher Handlungsfähigkeit. Die Schwerpunktsetzung liegt in der intensiven Unterstützung der Lebensorientierung und -planung, ersten Einblicken in die theoretischen Inhalte und die berufliche Praxis der Berufsfelder für eine gelingende berufliche Eingliederung bzw. passende Anschlussmaßnahme.
Die individuelle Gewichtung zwischen dem Lernbereich Lebensgestaltung und dem Lernbereich Berufliche Handlungsfähigkeit liegt im Ermessen des Lehrkräfteteams. Zu beachten ist eine überhälftige Gewichtung des Lernbereichs Berufliche Handlungsfähigkeit, um eine gezielte Berufsvorbereitung sicherzustellen (Beispiel für eine mögliche Stundenverteilung siehe Anhang).
Entsprechend der individuellen Ausgangslage der Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist ebenso eine Kombination Lebensgestaltung und Sprache möglich. Die individuelle Gewichtung der Lernbereiche liegt auch hier im Ermessen des Lehrkräfteteams.
4.3 Arbeitsqualifizierungsjahr (AQJ)
Zielgruppe
Die Zielgruppe sind Schülerinnen und Schüler mit hohem Assistenzbedarf, denen die größtmögliche Teilhabe am Leben in der Gesellschaft in allen Lebensbereichen und besonders in der Arbeitswelt ermöglicht werden soll.
Das Ziel im Arbeitsqualifizierungsjahr ist daher der Übergang in ein Arbeitsverhältnis oder - bedingt durch hohen Assistenzbedarf – in eine Beschäftigung im beschützten Rahmen. Die Entwicklung der Bereitschaft und Fähigkeit zur Teilnahme an einer weiteren beruflichen Bildungsmaßnahme kann ebenso in das Zentrum der Bemühungen rücken.
Umsetzung
Der Unterricht stellt die grundlegende Lebensorientierung und -planung der Jugendlichen in den Mittelpunkt und strebt die Entwicklung einer alltagsorientierten Handlungskompetenz an, damit Schülerinnen und Schüler Situationen des täglichen Lebens gezielt bearbeiten und erfolgreich bewältigen können.
Im Arbeitsqualifizierungsjahr erproben sie sich in einem geschützten Rahmen in mehreren verwandten Berufsfeldern, mit dem Ziel der beruflichen Orientierung und einer elementaren vorberuflichen Qualifizierung. Die inhaltliche Ausrichtung erfolgt nach regionalen Erfordernissen sowie den individuellen Qualifizierungsbedürfnissen der jungen Erwachsenen. Der Einsatz von Qualifizierungsbausteinen kann die berufliche Eingliederung unterstützen.
Die Auswahl der zu erwerbenden Kompetenzen ist im Arbeitsqualifizierungsjahr vom Potenzial und den individuellen Lernbedürfnissen der Schülerinnen und Schüler abhängig und liegt in der Verantwortung des pädagogischen Teams. Entsprechend der Schwerpunktbildung werden einzelne Inhalte aus den Basis- und Wahlmodulen miteinander verknüpft und angepasst.
4.4 Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme – BvB
Zielgruppe
Die Zielgruppe sind Jugendliche und junge Erwachsene, denen die Bundesagentur für Arbeit die Teilnahme an einer Berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme im Rahmen der Berufsberatung ermöglicht.
Umsetzung
In der Berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme kooperiert die Berufsschule mit Maßnahmeträgern, die im Auftrag der Bundesagentur für Arbeit Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen durchführen. Diese verantworten neben der Bildungsbegleitung auch die Vermittlung der berufsbezogenen praktischen Grundlagen.
Bedingt durch die Trennung bei der Vermittlung von theoretischem und praktischen Inhalten greift der Unterricht in der Berufsschule häufig lernbereichsverbindende Themen auf, ohne dass diese weitergehend praktisch realisiert werden.
Das Lehrkräfteteam orientiert sich zur Planung des Unterrichts an den allgemeinbildenden sowie den berufsbezogenen Kompetenzen. Für die Vermittlung fachtheoretischer Inhalte werden berufsfeldspezifische Kompetenzen ausgewählter Berufsfelder herangezogen. Zur Schwerpunktsetzung können für den theoretischen Unterricht der berufsfeldspezifischen Basismodule eigene Klassen gebildet werden. Die Umsetzung weiterer Planungs- und Strukturierungsmodelle ist bei einer engen Kooperation mit den Maßnahmeträgern vor Ort denkbar.
Um den erfolgreichen Abschluss der Mittelschule zu erreichen, ist die Vermittlung der entsprechenden Kompetenzen (vgl. § 32 BSO-F) bei einer Beschulung von 15 Unterrichtsstunden zu gewährleisten.
Die Entwicklung der Bereitschaft und Fähigkeit zur Teilnahme an weiteren beruflichen Bildungsmaßnahmen kann zusätzlich in das Zentrum der Bemühungen rücken.